Oracle will Sun übernehmen - geht es dabei nur um MySQL?Hinter den Kulissen brodelt es und langsam wird das Brodeln immer lauter. Oracle will Sun aufkaufen. Klingt zunächst nicht besonders spektakulär – wenn man sich aber die Hintergründe dieses Übernahmeversuches anschaut, sollte man aufhorchen – genau das tat auch EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Denn Oracle ist der weltweit größte Hersteller von proprietären Datenbanken. Sun hingegen hat 2008 die Open Source Datenbank MySQL für knapp 1 Milliarde US Dollar übernommen und ist somit zum weltweit größten Open Source Datenbank Anbieter geworden. Es versucht also nun der größte Anbieter kommerzieller Datenbanken, den Anbieter von kostenlosen Datenbanken zu übernehmen!

Die Forderungen der EU

Die Wettbewerbsschützer der Europäischen Union sind sich der steigenden Verbreitung und Wichtigkeit der Open Source Technologie bewusst und erkennen sie als wichtige wirtschaftliche Alternative zu proprietären Angeboten an.

Wenn nun also Oracle Sun aufkaufen würde, müsse sichergestellt werden, dass es auch weiterhin genügend Alternativen gäbe. Ansonsten liefe man Gefahr, dass das Angebot sinke und die Preise steigen.

Oracle fühlt sich ungerecht behandelt

Diesen Bedenken konfrontiert, bezieht Oracle Stellung und wirft der EU vor, nicht das Open Source Konzept zu verstehen. Schließlich sei es einer Firma unmöglich ein Open Source Projekt zu kontrollieren, da es von einer Vielzahl dezentralisierter (freiwilliger) Projektmitarbeiter verwaltet wird.

Außerdem stellt Oracle in der Pressemitteilung fest, dass es sich ja um zwei völlig verschiedene Zielgruppe handele, die von den beiden Firmen bedient werden. Daher seien die Bedenken zu verwerfen und der freie Markt keines Falls gefährdet.

Die Lobby der Open Source Szene

Während die amerikanische Wettbewerbskommission keinerlei Einwände gegen die Übernahme hat, kommen weitere kritische Stimmen aus dem alten Kontinent.

Neben großen Firmen wie SAP und Microsoft melden sich auch prominente Personen der Open Source und Intellectual Property Szene zu Wort. Darunter der MySQL Gründer Michael Widenius und Florian Müller, der sich 2004 als Kopf der No-Software-Patents Kampagne gegen die Einführung von Software Patenten in Europa stark gemacht hat.

Müller kommentiert die Aussage Oracles bezüglich der Kontrollierbarkeit von Open Source Projekten wie folgt:
Oracle’s promises about investing in MySQL are not relevant. Oracle won’t be the turkey that votes for Christmas.
Da Oracle durch die Kontrolle der Investitionen indirekt Einfluss auf die Weiterentwicklung von MySQL nehmen könnte, sei nicht zu erwarten, das dort große Sprünge gemacht werden.

Sowohl für Müller als auch Michael Widenius wäre eine adäquate Lösung des Problems, wenn Sun MySQL wieder abstoßen würde. Danach wäre der Fortbestand der Open Source Datenbank gesichert und Oracle könnte Sun übernehmen.

Oracle will either at some point address the MySQL related concerns in order to buy the rest of Sun. (…) If Oracle does not do so it will become increasingly clear to regulators, Sun shareholders, the Sun employees and to the market at large, the Oracle is going for MySQL. This would contradict Oracle’s official communications strategy, which was centered on downplaying MySQL’s importance.
Müller sagt, dass Oracle sich der Bedenken bezüglich MySQL annehmen muss, wenn es wirklich Sun aufkaufen will. Werden diese allerdings ignoriert, sei dies ein Anzeichen dafür, dass es bei der Übernahme nicht um Sun sondern in Wirklichkeit um MySQL gehe. Das wiederum würde komplett der offiziellen Kommunikationsstrategie seitens Oracle widersprechen, welche darauf abzielt die Rolle von MySQL bei der Übernahme möglichst runterzuspielen.

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Das Foto stammt von miege / CC BY-NC-SA 2.0
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